Bio:
Das EU-Biosiegel ist der Mindeststandard, den ein Produzent erfüllen muss, wenn er seinen Produkt Bio nennen möchte und es ist die Grundvoraussetzung zum Beitritt in einen der Bio-Verbände, deren Auflagen jedoch noch strenger sind. Weine mit dem EU-Siegel müssen zu 95 Prozent aus der Bio-Produktion stammen.
Wichtigstes Charakteristikum der biologischen Landwirtschaft ist die ganzheitliche Betrachtung des landwirtschaftlichen Betriebs. Natürliche Lebensprozesse sollen gefördert und Stoffkreisläufe weitgehend geschlossen werden. Bedeutend ist ebenso der komplette Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel (Pestizide), Herbizide oder Fungizide. Gen-Technik ist grundsätzlich verboten, die Höchstwerte für Sulfite sind um ein Drittel reduziert, aber auch der Einsatz von Sorbinsäure zur Konservierung ist untersagt.
Natural Wine:
Natural Wine hat viele Namen – von Artisan Wine, Raw Wine, Naked Wine über Vin Naturel und Vin Vivant bis hin zu Naturreiner Wein – nur der Begriff "Naturwein" darf in der EU bei der Etikettierung und Werbung nicht verwendet werden.
Diese Weine bilden keine definierte Weinkategorie, die Interpretationen sind sehr vielfältig. Es wird lediglich eine bestimmte Produktions-Philosophie beschrieben, die keine weinrechtliche Bedeutung hat. Der Anbau der Trauben und die Weinbereitung folgen dem Grundsatz der Minimalintervention - so viel wie unbedingt notwendig, so wenig wie möglich! Nicht zu verwechseln mit dem Begriff "Orange Wine", der sich rein auf die Weinbereitungstechnik der Maischevergärung bezieht und durchaus auch bei konventionell hergestellten Weinen verwendet werden kann. Das Gleiche gilt für das Ausbaumaterial wie Betoneier und Amphoren, die kein Garant für einen echten Natural Wine sind.
In der konventionellen Weinbereitung werden Zuchthefen, Nährstoffe und Enzyme verwendet, je nach Weingesetz Säure, Zucker oder Tannin beigegeben oder entzogen, der Wein durch Verdichtungsverfahren konzentriert und für eine bessere Stabilität geschwefelt, geklärt, geschönt, filtriert oder sterilisiert. Bei Natural Wine wird auf den Grossteil dieser möglichen und offiziell erlaubten Zusatzstoffe und Verfahren verzichtet. Im Wesentlichen basiert die Weinbereitung auf folgenden Grundsätzen:
Eine biologische oder biodynamische Traubenproduktion (mit oder ohne Zertifizierung) ist Basis, oft werden die gesetzlich definierten Schwellenwerte sogar weit unterschritten. Niedrige Erträge durch selektive Handlese gelten dabei als selbstverständlich.
Die Weine werden spontan vergoren, mit den natürlichen im Weinberg und Keller vorkommenden Hefen, ohne jeglichen Zusatz von Zuchthefen und meist ohne Kontrolle der Gärtemperatur. Durch die Verwendung der einheimischen Naturhefen soll dem Wein ein wenig mehr von seiner Herkunft und seiner authentischen Aromatik mit auf den Weg gegeben werden. Das Risiko eines schwierigen und wenig kontrollierbaren Gärverlaufs mit ungewissem Ergebnis wird bewusst in Kauf genommen.
Jahrgangsschwankungen sind erwünscht, denn Zucker, Säure und Extrakt in den Trauben hängen stark von den klimatischen Einflüssen des jeweiligen Jahrganges ab. Naturweinwinzer versuchen nicht, ihre Weine durch Zusätze oder Prozeduren zu standardisieren, ihre Weine sollen sowohl Ausdruck des Terroirs als auch der Klimageschichte sein.
Auch im Ausbau werden, bis auf die Wahl des Behälters, so gut wie keine Interventionen gesetzt, ein natürlicher einsetzender, biologischer Säureabbau wird mehrheitlich nicht verhindert. Statt Filtration, Klärung und Schönung werden natürliche Wege eingeschlagen, wie z.B. ein verlängerter Ausbau, damit sich Trubstoffe von alleine absetzen können. Nicht selten werden diese Weine auch mit einem Feintrub abgefüllt und können ein beträchtliches Depot entwickeln.
Der Einsatz von Schwefeldioxid wird auf ein Minimum reduziert, oder es wird ganz darauf verzichtet. Ob bzw. wie viel Schwefel eingesetzt werden darf, ist aber auch bei Naturweinwinzer noch sehr umstritten.
Der Geschmack von Natural Wine wird getragen von Spannung, Vibration und Lebendigkeit. Sie sind aufregend kontrovers und riechen meist auch ganz anders als sie dann im Mund schmecken. Weissweine tendieren zu feinen oxidativen, jodigen und hefigen Noten und können – je nach Weinbereitungsmethode - ein leicht herbes Tannin aufweisen. Rotweine neigen zu moosigen, kräuterwürzigen oder krautigen Noten, Anklänge von Fleisch und Stall sind manchmal dem höheren Gehalt an Brettanomyces oder flüchtigen Säuren zuzuschreiben. Eine gute und lange Belüftung hilft in jedem Fall das ganz Potenzial offenzulegen.
Es gibt inzwischen bereits zahlreiche Erzeugerorganisationen, mit leicht voneinander abweichenden Regeln wie z.B. "Renaissance des Appellations" in Frankreich, "Triple A" und "ViniVeri" in Italien mit internationalen Mitgliedern.
Natural Wines werden aufgrund ihrer untypischen Prägung und leichten Trübung oft als Landwein ohne engere geografische Angabe eingestuft. In der Naturwein-Szene herrscht jedoch viel Bewegung und Innovation. Mit wachsender Marktpräsenz sind in naher Zukunft auch neue produktspezifische Regelungen zu erwarten.
Natural Wines setzten dem Wein-Mainstream eine bunte, überraschende und emotionale Vielfalt entgegen. Über sie wird geredet, sie polarisieren und werden entweder gehypt oder gemieden – nur gleichgültig lassen sie keinen!